Gerd Frank: DAS BORDELL DER HÖLLE – Der Fall der Schwestern González Valenzuela (1950? – 1963)

Die vier Schwestern Maria del Carmen, Delfina, Maria de Jesús und Maria Luisa waren als Töchter des Isidro Torres und der Bernardina Valenzuela in El Salto (Jalisco) geboren worden: Maria del Carmen, die Älteste, angeblich 1912, Delfina 1924 (von den beiden Jüngeren sind die Geburtsjahre nicht überliefert). Der Vater arbeitete früher als Polizist und galt als extrem gewalttätig, arrogant und autoritär; er schlug Frau und Kinder sehr häufig. Auch soll er die Töchter gezwungen haben, von klein auf bei Hinrichtungen von Verurteilten zuzusehen. Die Mutter galt als religiöse Fanatikerin. Die schestern wurden berühmt berüchtigt, weil sie ein Bordell des Todes betrieben. Leseprobe aus Totmacher 6

Die Torres Valenzuela-Familie drohte zu verelenden; sie hatte mittlerweile – um Repressalien und großer Schande zu entgehen – den Namen „González“ angenommen. Bis zum Jahre 1935 arbeiteten die Frauen in einer Textilfabrik, um sich wenigstens einigermaßen über Wasser zu halten. Den Wohnort hatten sie inzwischen in das kleine Dorf San Pancho del Rincón verlegt. (…)

Die Schwestern hatten jahrelang amtliche Unterstützung durch viele korrupte Beamte genossen. Der Bürgermeister persönlich hatte Delfina die Ersterlaubnis erteilt, das erotische Geschäft in Form von ‚Nachtbars‘ zu betreiben. (…)

Jetzt schickte die Polizei einen ganzen Trupp nach San Pancho del Rincón und nahm auf der Engels-Ranch eine umfangreiche Durchsuchung vor. (…) Auf dem weitläufigen Gelände wurden überdies die Leichen von 11 Männern und 80 Frauen und mehreren Föten entdeckt…

Die Schwestern konnten festgenommen werden, außerdem auch Zuñiga und die wichtigsten männlichen Helfer. (…) Bei Vollendung des 25. Lebensjahres wurden die Liebesdienerinnen ‚ausgemustert‘, denn dann galten sie als alt. Nun waltete Salvador Estrada Bocanegra, der den Beinamen „El Verdugo“ (Der Henker) trug, seines Amtes: Er sperrte sie zunächst in einen Raum der Ranch ein, wo er sie einige Tage lang erbärmlich hungern und dürsten ließ. Während dieser Zeit schlug er die armen Geschöpfe mit einem Holzstock, an dessen Ende ein spitzer Nagel befestigt war, bis auf’s Blut. Wenn sie dann so schwach waren, daß sie nahezu zusammenbrachen, zerrte er sie nach draußen, grub irgendwo ein Loch und begrub sie bei lebendigem Leibe. Anderen legte er glühende Eisenplättchen auf die Haut, warf sie vom Dach in die Tiefe oder zertrümmerte ihnen brutal den Schädel.

Im Laufe der Zeit hatten die ‚Poquianchis‘ auch noch andere Helfer verpflichtet. (…)

Der Strafprozeß gegen die drei noch lebenden Schwestern dauerte monatelang. Am Ende wurden sie wegen planmäßiger Entführung und erwiesenen Mordes in 91 Fällen zur Höchststrafe von jeweils 40 Jahren verurteilt; generell ging man allerdings von mindestens 150 (!) Fällen aus.

Zwei von ihnen starben hinter Gittern, ohne die Freiheit jemals wieder erlangt zu haben: Delfina, die Älteste, starb am 17. Oktober 1978 mit 66 Jahren an einem Unfall: Bei Reparaturarbeiten an der Zellendecke soll ein Arbeiter zu neugierig nach unten geblickt und dabei einen Eimer voll Zement umgestoßen haben, welcher der Frau den Kopf zertrümmert habe. Maria Luisa wurde am 19. November 1984 tot in ihrer Zelle aufgefunden; sie war von Ratten zu Tode gebissen worden. Maria de Jesús versuchte sich nach Verbüßung ihrer Haft in einem bürgerlichen Leben: Sie heiratete einen gewissen Antonio Hernández, einen 64jährigen und lebte mit ihm bis zu ihrem Tod in den 1990er Jahren. Die letzte Zeit ihres Lebens soll sie sehr religiös geworden sein…