Gerd Frank: DER EINSAME VON SANTA BÁRBARA – Der Fall Beltrán Cortés Carvajal (1934-1938)

Der vierfache Mörder Beltrán Dalay Cortés Carvajal war Costaricaner und wurde am 21. November 1908 als Sohn des Rosendo Cortés Madrigal und der Amelia Carvajal in Santa Bárbara (Heredia) geboren. Leseprobe aus Totmacher 6

Im Alter von 20 Jahren wurde Cortés von den Chirurgen Dr. Ricardo Moreno Cañas und Dr. Manuel Echandi Lahmann insgesamt dreimal operiert: Am 1. Juni 1928 versuchte man, eben diesen Knochen des rechten Oberarms zu verdrahten, am 23. Juli wurde er ein zweites Mal operiert und am 3. August des gleichen Jahres noch einmal. Am 2. August 1929 setzte man dem Patienten ein Implantat aus Metallplättchen ein und am 4. April 1932 entfernte man dieselben wieder. Doch trotz all dieser Eingriffe wuchs der Knochen nicht mehr richtig zusammen; die Ärzte waren der Ansicht, daß der schlechte Heilungsprozeß auf eine Syphilis zurückzuführen sei, an der Cortés litt.

Cortés, der nach einem mäßigen Volksschulabschluß zunächst Bauer gewesen war, hatte schließlich einen Job als Polizist in San Rafael de Heredia gefunden. Während seines Dienstes kam es am 28. Juli 1934 zu einem Streit mit dem Kollegen Benjamin Garita Ramírez, wobei Cortés seine Waffe gegen ihn richtete und ihn erschoß.
Er wurde vor Gericht gestellt und am 11. Juni 1935 wegen Totschlags zu 5 Jahren Gefängnis verurteilt, die Haft sollte er auf der St. Lukas-Insel verbringen. Man erleichterte ihm jedoch schnell die Haftbedingungen und nach noch nicht einmal drei Jahren wurde er zur Bewährung entlassen.

Auf Vermittlung des Dr. Chacón Paut bekam er eine Arbeitsstelle im Asyl von Chapui, die er jedoch schon bald darauf wieder aufgab, um als ambulanter Händler auf dem Markt zu arbeiten. Nun hätte das künftige Leben des Beltrán Cortés eigentlich in geordneten Bahnen verlaufen können, doch dem war nicht so. Als Folge der gescheiterten operativen Eingriffe hatte sich bei ihm die Ansicht herausgebildet, daß daran einzig allein die Ärzte schuld gewesen seien. Dieser verhängnisvolle Gedanke wurde zudem durch einen Anwalt verstärkt, der Cortés dazu anstachelte, für die mißlungene Operation Schadensersatz und Wiedergutmachung zu beantragen. Cortés behauptete schließlich, Dr. Moreno Cañas habe ihm seinerzeit aus dem gesunden Arm einen Knochen entnommen, um denselben einem anderen Patienten einzusetzen; sein eigener unbefriedigender Zustand habe den Arzt in keiner Weise gekümmert.

Von da an wurde es zu einer fixen Idee bei Cortés, sich eines Tages an den beiden Chirurgen zu rächen. Seine immer intensiver werdenden Morddrohungen beunruhigten auch Cortés‘ Mutter, weshalb sie schließlich einen Antrag auf Einlieferung ihres Sohnes ins Chapui-Asyl stellte.

Cortés gelang es indes, sich von einem befreundeten Polizisten eine Waffe zu besorgen und so begab er sich am 23. August 1938 gegen 19.30 Uhr zum Haus des Dr. Moreno Cañas, wo er läutete. Als das Hausmädchen die Tür öffnete, trat er rasch ein, begab sich ins Wohnzimmer, wo er den Arzt antraf und feuerte dreimal auf ihn. Daraufhin verließ er eilig das Gebäude und suchte nun auch das Wohnhaus des Dr. Echandi Lahmann auf. (Hierfür hatte er sich von Spaziergängern erst einmal die Adresse besorgen müssen, weil er sie nicht gekannt hatte). Auch dort läutete er und verlangte, den Hausherrn zu sprechen. Dr. Manuel Echandi, der eben im Radio die Nachricht von der Ermordung seines Kollegen vernommen hatte, trat soeben auf ihn zu, als der Mörder auch ihn mit einem gezielten Schuß niederstreckte; eine Kugel landete in der Tür. Bereits auf der Flucht feuerte Cortés nun auf alle Leute, die ihm ihm über den Weg liefen: Der Kanadier Arthur Maynard wurde sein viertes und letztes Opfer, Egérico Vargas Loria und Rodolfo Quirós Quirós wurden schwer verletzt. Dann konnte der Rasende endlich festgenommen werden.

Im August 1938 wurde Beltrán Cortés zu einer Haftstrafe „auf unbestimmte Zeit“ verurteilt, die er auf der St. Lukas-Insel verbüßen sollte. Präsident León Cortés Castromanda ließ zu diesem Zweck eine spezielle Zelle von zwei Quadratmetern exklusiv für den Häftling errichten – mit der Absicht, denselben allen Besuchern der Insel als abschreckendes Beispiel vor Augen zu führen. Aus diesem Grunde versäumte wohl kaum ein Tourist, der damals nach Puntarenas kam, bei einer Tour durch die Insel auch einen Blick in diesen menschlichen Käfig zu werfen. (…)

Beltrán kehrte zu seiner Familie zurück, die nachwievor in Santa Bárbara de Heredia wohnte, wo er bis zu seinem Tod lebte. Er starb im Alter von 76 Jahren am 11. Juni 1984 an Prostatakrebs.