Gerd Frank: Der Fall des Charles Starkweather (1957–1958) – DER AMOKLÄUFER VON NEBRASKA

Charles Raymond Starkweather wurde am 24. November 1938 als drittes von sieben Kindern einer Arbeiterfamilie in Lincoln, Nebraska, geboren. Starkweather bewunderte schon früh den Schauspieler James Dean… Das kostete elf Menschen das Leben. Als 18jähriger hatte er die 13jährige Caril Ann Fugate kennengelernt und war ihretwegen von der Schule abgegangen. Caril hatte sich in seine schlaksige, lässige Art verliebt, die ihr sehr imponierte.

Charles Starkweather and Caril Fugate

Seine relativ niedrige Herkunft störte sie nicht, sie selbst stammte aus ärmlichen Verhältnissen. Ihr Stiefvater, Marion Bartlett, arbeitete als Wachmann in Nachtschichten und war etwa 20 Jahre älter als ihre Mutter Velda, die Hausfrau war. Was ihr an Charles gefiel, war, daß er ständig Geschichten erzählte, vor allem offenbar davon schwärmte, Cowboy oder Bandit zu werden. (…)
Dann kam der 30. November 1957. An diesem Tag fuhr Starkweather zu einer Tankstelle am Cornhusker Highway, der Hauptstraße im Norden Lincolns, um einen Stoffhund für Caril Ann zu kaufen. Doch der Tankwart verweigerte ihm die Zahlung mit Kreditkarte, und Starkweather lief wütend wieder hinaus. Gegen drei Uhr morgens kehrte er mit einer Pump-Gun zurück, zwang den Tankwart, die Kasse zu leeren – die Beute betrug nur etwas mehr als hundert Dollar – und entführte ihn dann. Er fuhr mit dem Mann an einen abgelegenen Ort, wo das Opfer verzweifelt versuchte, sich der Waffe seines Entführers zu bemächtigen. In dem Handgemenge fiel plötzlich ein Schuß. Der Tankwart sank auf die Knie. In dieser Position schoß ihm Starkweather kaltblütig in den Kopf.
Dann fuhr er zu seiner Freundin und erzählte ihr von dem Überfall. Er behauptete dabei allerdings, daß ein Komplize von ihm den Tankwart erschossen habe. Sie glaubte ihm nicht.
Am 21. Januar 1958 fuhr Starkweather zu Caril, mußte aber feststellen, daß sie noch nicht zu Hause war. Stattdessen standen ihm ihre empörten Eltern gegenüber, die der Meinung waren, daß er ihre Tochter geschwängert habe. Es kam zum Streit, in dessen Verlauf Carils Mutter Charles mehrfach ohrfeigte, was dieser als große Demütigung empfand. Da schlug er zurück. Nun packte ihn Marion Bartlett von hinten und versuchte, ihn aus dem Haus zu werfen. Die beiden Männer fielen auf den Boden und rangen erbittert miteinander. Bartlett ließ plötzlich von ihm ab, um nach einer Waffe zu suchen. Starkweather lief indessen in Carils Zimmer, in dem er sein Gewehr aufbewahrte, und lud die Waffe.
Als Carils Stiefvater mit einem Hammer in der Tür erschien, jagte ihm Charles ein paar Kugeln in den Kopf. Er lud das Gewehr erneut und sah nach Velda Bartlett. Die trat ihm mit einem Küchenmesser in der Hand entgegen. Charles erschoß auch sie und schlug anschließend noch mit dem Kolben auf sie ein. Als er Carils kleine Schwester, die zweieinhalbjährige Betty Jean, schreien hörte, ergriff er das Messer, das Frau Bartlett hatte fallen lassen, und warf es nach dem Kleinkind. Er traf es am Hals und erschlug es obendrein mit dem Gewehr. Danach sah er noch einmal nach dem alten Bartlett, dem er sein Jagdmesser noch mehrfach in die Kehle stieß, um ganz sicher zu gehen, daß er tot war.
Nach dieser Tragödie hüllte Starkweather Carils Eltern in Bettücher und band sie mit Wäscheleinen zusammen; Betty Jean legte er in einen Pappkarton. Bartletts Leiche schleifte er in den gefrorenen Hinterhof, wo er sie in einem ungenutzten, verfallenen Hühnerstall ablegte. Die Leichen der Mutter und des Babys stopfte er in eine Toilette, die sich im Freien befand. Mit Teppichen wischte er das Blut auf, Parfum sollte den Geruch verdrängen.
Später machte es sich das Pärchen im Wohnzimmer bequem und sah ungerührt eine Zeitlang fern. (…)
Später behauptete Starkweather, Caril Ann sei bei den Morden anwesend gewesen und habe ihn sogar noch angestachelt. Das Mädchen dagegen versicherte, bei ihrer Rückkehr von der Schule die Eltern nicht angetroffen zu haben. Stattdessen habe ihr Freund mit einer Pistole in der Hand auf sie gewartet.
Das Pärchen beschloß nun, in Starkweathers Ford nach Bennet, Nebraska, zu fahren, wo der 70jährige August Meyer, ein Freund der Familie Starkweather, wohnte. Aus dem Vorhaben sollte ein schrecklicher Amoklauf werden. (…) Am 5. Mai 1958 begann der Prozeß, in dem die Beweise von Anfang an erdrückend waren. Charles Starkweather präsentierte sich bei seinen letzten Auftritten mit struppigen Haaren und einer Zigarette zwischen den Lippen; gekleidet war er in eine schwarze Motorradjacke aus Leder, enge schwarze Jeans und blau-weiße Cowboystiefel. Dabei hatte er sich wohl ein letztes Mal an seinem Idol James Dean orientiert. (…) Der Delinquent wurde am 25. Juni 1958 im Gefängnis hingerichtet. (…) Caril Ann Fugate bekam, obwohl sie zum Tatzeitpunkt erst 14 Jahre alt gewesen war, eine „lebenslange Gefängnisstrafe“. Sie saß 18 Jahre ab, wurde 1976 begnadigt und lebt jetzt unter anderem Namen in Michigan, wo sie an einem Krankenhaus als Hausmeisterin arbeiten soll.
Leseprobe aus Totmacher 5.