Gerd Frank: DER HOMOMÖRDER – Der Fall Raúl Osiel Marroquín Reyes (2005)

Raúl Osiel Marroquín Reyes wurde 1981 in Tampico, Tamaulipas in Mexiko geboren. Als Kind wurde er von seinem Vater mißbraucht, was bei ihm großen Haß auf homosexuelle Männer auslöste. (…) Leseprobe aus Totmacher 6

Am 16. Dezember 2005 machte Marroquín im ‚Cabaretito‘ (Das kleine Kabarett) in der Calle Londres, No. 161, die Bekanntschaft von Victor Ángel Iván Gutiérrez, dem er vormachte, sich gefühlsmäßig stark für ihn zu interessieren; anschließend lud er ihn ein, mit in seine Wohnung zu kommen. Dort wartete bereits Juan Enrique Madrid. Als die beiden Männer eingetreten waren, fielen Madrid und Marroquín über Gutiérrez her und fesselten und knebelten ihn. Danach befragten sie ihn nach den Familienangehörigen, bei denen sie anriefen und für seine Freilassung Bargeld forderten. Voller Panik erklärte man sich einverstanden, beschaffte das Geld und übergab das Lösegeld genau nach den Anweisungen der beiden Entführer. Sechs Tage später ermordeten diese den Unglücklichen und legten die Leiche in einer Straße des Venustiano Carranza-Viertels ab.

Am 13. Dezember spielte Juan Enrique den Lockvogel und köderte in einem Restaurant einen weiteren Homosexuellen, der sich Juan nannte. Auch er lockte sein Opfer in die Wohnung, wo diesmal Marroquín wartete. Alles lief ab wie beim ersten Mal, doch diesmal wollte (oder konnte) die Familie kein Lösegeld bezahlen. Deshalb ließ das Duo ‚Juan‘ kurzerhand wieder frei, drohte ihm aber, ihn unverzüglich zu töten, falls er irgendjemandem von dem Vorfall erzählen würde. (…)

Noch schrecklicher erging es Ricardo López Hernández. Er wurde brutal geschlagen, danach getötet und schließlich zerstückelt. Die Körperteile verstauten die Mörder in ein paar Koffern; die schauerlichen Gepäckstücke hinterließen sie in einem Zimmer des Hotels ‚Amazonas‘.

Marroquín hatte die Eigenart, seine Opfer mit weißen Kunststoffbändern zu fesseln; in den Hals der Toten steckte er einen schwarzen Gürtel, um eine Art persönliche Note zu hinterlassen, etwas das ihn kennzeichnete. (…)

Eines seiner Opfer folterte Marroquín mit dem Messer, indem er ihm Stücke seines Fleisches bei lebendigem Leibe herausschnitt. (…)

Die Untersuchungen der Mordserie an Homosexuellen in Mexiko-Stadt begannen konkret am 30. November 2005 – und zwar aufgrund einer Anzeige. Ein Mitarbeiter der Staatlichen Fernsehgesellschaft war entführt worden; für seine Freilassung waren 120000 Pesos gefordert worden. Am 9. Dezember war seine Leiche in der Nähe der Metro-Station Chabacano entdeckt worden. Am 17. und 20. Dezember 2005 entführte Marroquín zwei weitere junge Männer, sie waren jeweils 25 Jahre alt. Ihre zerstückelten Leichen wurden am 23. Dezember in ein paar schwarzen Koffern gefunden, die in der Calle Andrés Molina Enríquez – in der Colonia Asturias – gefunden wurden. Zu diesem Zeitpunkt sprachen die Medien bereits von einem Serienmörder, dem sie drei Beinamen zuordneten: ‚El Mataputos‘ (Der Mörder männlicher Prostituierter), ‚El Matagays‘ (Der Homomörder) und ‚El Sádico‘ (Der Sadist). Am 23. Januar 2006 konnte Raúl Osiel Marroquín endlich von Mitgliedern der Bundespolizei festgenommen werden – anläßlich einer erneuten Lösegeld- übergabe. (…)

Amnesty International veröffentlichte ein Plakat, auf dem das Land Mexiko aufgrund der Morde des „Sádico“ beschuldigt wurde, die Homophobie und entsprechende Haßverbrechen zu fördern und zu tolerieren.

Am 4. September 2008 wurde Raúl Osiel Marroqín zu einer symbolischen Gefängnisstrafe von 300 Jahren verurteilt, was im Klartext bedeutet, daß er maximal 40 Jahre Haft zu verbüßen hat, die allerdings ‚bei guter Führung‘ auch noch einmal um 20 Jahre reduziert werden kann.

Zwei Jahre saß er im Ost-Gefängnis von Mexiko-Stadt, dann wurde er im Jahr 2010 in das Männergefängnis von Santa Marta Acatitla verlegt.