Gerd Frank: DER WOHLHABENDE GESCHÄFTSMANN – Der Fall Yang Shu-bin (1998-2004)

Als ständiger Besucher von Nachtclubs und Karaoke-Bars trat Yang stets großspurig auf und bestellte bevorzugt die teuersten Getränke. Schnell schwärmten die Frauen von dem smarten „Geschäftsmann“. (…) Ernüchterung stellte sich spätestens dann ein, wenn man Yangs Appartement betrat. Zur großen Überraschung der Mädchen wurde man dort nämlich von einer Frau erwartet: Es war die 20jährige Ji Hong-zhie, Yangs Freundin und Mordkomplizin. Außerdem befanden sich zwei Männer in der Wohnung, Wu Hong-ye und Zhang Yu- lian, zwei Freunde Yangs aus den Kindheitstagen in Heilongjiang.

Yang liebte es, die Frauen auf die nackte Haut zu schlagen, seine Freundin dagegen bohrte den unglücklichen Opfern Nadeln in die Brüste, in ihre Arme und Beine. Wenn sie die Konten geleert hatten, zwangen sie ihre Gefangenen oft, noch weitere Mädchen in diese Falle zu locken. Anschließend ermordeten sie die Frauen. Die Leichen wurden zerstückelt, gekocht und dann durch einen Fleischwolf gedreht. Große Knochen wurden mit Klemmen zerkleinert und einer Fleischpastete zugeführt, die man in Abwasserkanälen oder Müllcontainern vor Hotels oder Restaurants entsorgte.

Zwischen 1998 und 2004 ermordeten sie mindestens zehn Frauen und erbeuteten auf diese Weise Unsummen. (…) 2001 brachten sie in Guangzhou zwei Schwestern in ihre Gewalt, fesselten sie und sperrten sie ein. Beinahe zwei Wochen lang drangsalierten und folterten sie die beiden. Als diese eines Tages merkten, daß stundenlang und lautstark dasselbe Programm im Fernsehen lief und nicht abgestellt wurde, vermuteten die Frauen, daß sie allein in der Wohnung waren, befreiten sie sich gegenseitig und entflohen.

Eine der beiden Frauen war so brutal gefoltert worden, daß sie später Brustimplantate benötigte. Nach diesem mißlungenen Unternehmen war es mit dem bisherigen Glück der Mordbande vorbei. Im darauffolgenden Jahr wollte der Bewohner eines Appartementblocks in der im Norden gelegenen Stadt Jilin ein offenbar verstopftes Rohr untersuchen und entdeckte dabei verstümmelte Körperteile.

Die vier Personen wurden zur Fahndung ausgeschrieben, schienen aber seit dem 11. September 2002 spurlos verschwunden zu sein. Nahezu ein volles Jahrzehnt lang konnten sie nicht mehr ausfindig gemacht werden, weil sie sich als Wanderarbeiter ausgegeben hatten. Ihr blutiges Handwerk setzten sie indes fort, ohne daß sie erneut auffällig geworden wären. (…)

Im Jahre 2007 gab es dann eine heiße Spur. (…) Wang teilte seine große Wohnung mit insgesamt elf Personen, darunter mit seinem Bruder Wang Xue-li, dessen Freundin Ma Hai-yan und Wang Xue-guo. Sie alle lebten dort mit fachmännisch gefälschten Papieren. Am 3. November 2011 drang eine bewaffnete Polizeieinheit in den Besitz ein und nahm die Mordbande fest. (…)

Die Polizei von Harbin betrachtete den Fall als beispiellos in ihrer Kriminalgeschichte und schloß ihn befriedigt ab.

In dem langwierigen Prozeß, der in Shenhen, Taizhou, Jiaxing und Jilin abgewickelt wurde, gingen die Richter letztlich davon aus, daß die Bande mindestens zehn Frauen ermordet und zerstückelt hatte, für zahlreiche Raubüberfälle und drei Entführungen verantwortlich war und mehr als zwei Millionen Yuan (etwa 236.000 Euro) erbeutet hatte. Über das Strafmaß bzw. das gerichtliche Urteil konnte nichts in Erfahrung gebracht werden.

Der vollständige Beitrag findet sich in dem Buch TOTMACHER 4 abgedruckt.