Gerd Frank: LUZIFERS KINDER – DER FALL SARA ALDRETE UND ADOLFO DE JESÚS CONSTANZO (Mexico, 1987-1989)

Im Hof des Frauengefängnisses von Mexico-Stadt drehten die Untersuchungshäftlinge ihre täglichen Runden. Plötzlich schrie eine Gefangene angstvoll: „Da ist die Braut des Satans!“ Aufgeregt deutete sie zur Tür, wo die Bewacher gerade einen Neuzugang hereinließen: eine 1.65 m große, junge Frau mit kurzem dunkelblondem Haar. Leseprobe aus Totmacher 6

Diese schöne junge Frau soll die treibende Kraft hinter einem der grausigsten Verbrechen gewesen sein: der Entführung und bestialischen Ermordung von mindestens 30 Menschen in Mexico. Sara Aldrete war die Hohepriesterin einer Bande fanatischer Drogenhändler, die sich „Die Kinder Luzifers“ nannten. Um sich Satans Schutz zu sichern, schnitten sie ihren Opfern in schwarzen Messen bei lebendigem Leib Körperteile ab und verzehrten sie.

Geleitet wurden die Ritualmorde von Saras Geliebtem, einem 26jährigen Italo-Kubaner namens Adolfo de Jesus Constanzo, den seine Anhänger ehrfurchtsvoll „El Padrino“, „Der Pate“ nannten Knapp 1000 Kilometer nördlich von Mexico-Stadt liegt die Stadt Matamoros, dort war die Satanspriesterin zu Hause. Die Eltern waren immer stolz auf Sara gewesen. Am South Most College von Texas hatte sie sich auf ihren künftigen Beruf als Sportlehrerin vorbereitet. Sie war eine der besten Studentinnen an der Hochschule gewesen. Ende April 1989 sollte Sara ihre Abschlussprüfung machen. Doch dazu kam es nicht mehr.

Am 13. April stürmten acht Polizisten mit Maschinenpistolen in den Händen Saras Elternhaus und brachen Saras Zimmer auf. In der Mitte des unaufgeräumten Raumes war ein Altar aufgebaut. Darauf standen verrußte Töpfe mit undefinierbaren Flüssigkeiten, Meeresmuscheln, Fleischresten, zu Asche verglommenen Zigarren und niedergebrannten Kerzen. An den Zimmerwänden klebte Blut.

Israel und Maria Aldrete zeigten sich schockiert. Sie hatten das Zimmer nicht mehr betreten, seit Sara vor eineinhalb Jahren damit begonnen hatte, es abzuschließen.

Die Polizisten waren nicht erstaunt: Zwei Tage vorher, am 11. April 1989, hatten sie etwas noch viel Grausameres aufgespürt. Beim Durchsuchen des als Drogennest aufgefallenen Bauernhofes „Santa Elena“, in der Nähe von Matamoros, waren die Fahnder auf eine eigenartig riechende, rotbraune Holzhütte gestoßen.

Drinnen stolperten sie beinahe über einen schwarzen, eisernen Kochkessel. An den Innenwänden klebte Blut, auf seinem Boden lagen eine verbrannte Schildkröte – und Teile eines menschlichen Hirns.

Andere Töpfe waren voll mit menschlichem Haar, Ziegenköpfen und Hühnerklein, Blut bedeckte die Wände. In einem Massengrab hinter dem Teufelstempel lagen zwölf bestialisch zugerichtete Leichen, darunter die eines 14jährigen Jungen. Den meisten Leichen fehlten Hirn, Augen, Ohren, Leber, Brustwarzen, Genitalien. Ein Toter hatte sogar keinen Kopf mehr. (…)

Wie konnte sich Sara, ein in ordentlichen Verhältnissen aufgewachsenes Mädchen, zu solch einer blutrünstigen Bestie entwickeln? Was veranlaßte eine ganze Gruppe junger Leute, ein blutiges Bündnis mit dem Satan einzugehen? Wurden sie Opfer von Halluzinationen, die ihre eigenen Drogen ausgelöst hatten? (…)

Tatsächlich hatte Constanzo die junge Frau zielstrebig und gekonnt in seine abartige Sekte hineingezogen. Sie hatte den Mann im Frühjahr 1987 auf einer Party kennengelernt, als er jungen Leuten die Zukunft aus der Hand las. (…)

Daß der „Pate“ und seine Hohepriesterin solange ungestört wüten konnten, ist einfach zu erklären. Die reichlich mit Dollars ausgestattete Drogenbande hatte in Mexico-Stadt und Matamoros Polizeiposten bestochen und diese Leute warnten sie dann jedesmal rechtzeitig, wenn Gefahr im Verzug war.

Drogenfahnder spürten die beiden und sechs weitere „Kinder Luzifers“ später in einem Appartement in Mexico-Stadt auf: Abel Lima, Rubén Estrada, Cristián Campos, Manuel Romero, Saúl Sánchez und Ricardo Peña. Als Adolfo de Jesus Constanzo klar wurde, daß es diesmal kein Entkommen mehr gab, befahl er seinem Leibwächter Alvarado de Leon Valdez: „Erschieß mich…“ Gehorsam hob der Teufelsapostel die Maschinenpistole und durchsiebte seinen Boss und den neben ihm stehenden Martin Quintana (25). Zum Schluß tötete er sich selbst.

Sara und die übrigen „Kinder Luzifers“ ergaben sich den Fahndern ohne Widerstand. Doch als die Handschellen einschnappten, lächelte die Satanspriesterin und sagte höhnisch: „Der ‚Pate‘ ist schon dreimal gestorben und wieder auferstanden – in der Gestalt eines Neugeborenen. Er kommt auch diesmal wieder und dann sollt Ihr mal sehen…“