In Vorbereitung / Erscheinungstermin 16. April 2015: Gerd Frank: Totmacher 3 – Kolja der Menschenfresser und andere unheimliche Kriminalfälle russischer Serienmörder (1921-2012)

Ein Mord ist immer ein brutales Verbrechen, egal ob der Täter oder die Täterin ein Kind, eine Frau oder einen Mann tötet. Bei Verbrechen an Kindern reagiert die Öffentlichkeit emotional besonders stark. Und dennoch unterscheiden sich die Mordfälle samt Täter in diesem dritten Totmacher-Band deutlich von denen der Vorgängerbände, die vornehmlich auf Deutschland und Europa ausgerichtet waren.

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Will man die extrem grausamen Verbrechen, die in diesem Buch behandelt werden, verstehen, genügt es nicht nur, versuchsweise in das Seelenleben der einzelnen Mörder einzutauchen. Man muß seinen Blick auf die Geschichte der russischen Nation und deren Rechtspflege richten. Erst wenn man die Geschichte eines Landes, seine politische, gesellschaftliche, wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung berücksichtigt, kann man seine „Kriminalität“ verstehen. Im Falle Rußlands wird das besonders deutlich.
Bisher fehlen wissenschaftliche Untersuchungen, die solch eine „landesspezifische Kriminalität“ zum Gegenstand haben. Beim Lesen der folgenden Seiten erkennt man indes schnell die Unterschiede zu Europa. Gemessen an „Quantität“ und „Qualität, ist die Brutalität, mit der in Rußland gemordet wird, vermutlich mit Mittel- und Lateinamerika vergleichbar.
Menschenleben zählen in diesem Land nicht viel. In Jaques Buvals Buch Der Kannibalenclan berichtet ein Täter, wie russische Mafiabanden Straßenkinder, „Ratten“ genannt, fangen und an skrupellose Ärzte übergeben, die ihnen alle Organe entnehmen. Die ausgeweideten Leichen werden dann wie Abfall in den weiten Wäldern Rußlands „entsorgt“. Ähnlich ergeht es den zahllosen jungen Mädchen und Frauen, die mißhandelt, vergewaltigt und getötet werden. Rußland ist groß und ein kaltes Land. Wenn die ersten warmen Sonnenstrahlen des Frühlings den Schnee zum Schmelzen bringen und eine Frauenleiche nach der anderen zum Vorschein kommt, spricht die russische Miliz von sogenannten „Schneeglöckchen“.
Wagen wir einen kleinen Blick in die russische Geschichte. Wohl kaum ein Volk in Europa mußte derart unter staatlichen Greueln und Terrorakten leiden wie das russische Volk. Erstmalig hat sich der Dramatiker und Theaterregisseur Nikolai Jewreinow (1879-1953) dieser Problematik gewidmet. In seinem Buch Die Körperstrafen in der russischen Rechtspflege und Verwaltung, in deutscher Sprache 1929 in Leipzig erschienen, beschäftigt er sich umfassend mit den inhumanen Strafen in Rußland. Bereits seit dem 12. Jahrhundert sind in der russischen Rechtsgeschichte höchst grausame Leib- und Lebensstrafen bekannt, wiewohl gleiches auch für den gesamten übrigen europäischen Raum gilt. Dennoch stechen einige Gewaltherrscher besonders heraus, deren Greueltaten wohl bekannt waren und die über größere Zeiträume das gesamte russische Volk tyrannisierten und schwere, langanhaltende Störungen in der Volksseele hinterließen.
Eine Zeit unerhörter Grausamkeit und blutiger Barbarei brach während der Herrschaft Iwans IV., den man auch „den Strengen“ oder „den Schrecklichen“ nannte, an. Iwan wurde am 25. August 1530 geboren. Anfangs regierte er unter der Vormundschaft seiner Mutter. Am 16. Januar 1547 wurde er zum Zaren gekrönt. Unter ihm begann die Eroberung Sibiriens. Seine Außenpolitik war durch einige Fehlschläge geprägt. Zeitweilig lud er deutsche Gelehrte, Künstler und Handwerker nach Rußland ein. Iwan begründete die Militärverfassung der Strelitzen (ruß. Strjelzy, „Schützen“), seine Leibwache. Die Strelitzen bildeten einen Kriegerstand, der mit Frau und Kind in einer Vorstadt Moskaus lebte. In der Folgezeit wurden sie zu einer zuchtlosen, unberechenbaren Soldateska.
Zwar setzte Zar Iwan IV. Reformen im Rechts- und Staatswesen durch und stärkte die Zentralgewalt, aber aufgrund eines ausgeprägten Sadismus gepaart mit Gemütsschwankungen und Depressionen fand er Gefallen daran, seine Feinde zu peinigen und mit „Geschmack und Würze“ zu vernichten. Im Rausch des Sadismus erfand er für sie unbarmherzige Foltern. Man hängte die Menschen mit Füßen nach oben auf, hackte sie zentimeterweise in Stücke, begoß sie mit kochendem oder Eiswasser, schnitt ihnen die Gelenke auseinander, sägte sie mitten durch, riß ihnen die Haut ab oder schnitt ihnen Riemen aus dem Rücken. Man schlug mit der Knute, hackte, hängte, spießte.
Von größter Grausamkeit war der Zar gegenüber seinen des Hochverrats verdächtigten Bojaren (Hochadligen). Eine der qualvollsten Strafen war das Aufspießen auf einen Pfahl, auf dem die Unglücklichen sich manchmal in stundenlangen Qualen wanden, ehe sie starben. So wurde der Fürst Dimitri Iwanowitsch Schewerow den ganzen Tag auf dem Pfahl gemartert. Fürst Boris Telepow steckte fünfzehn Stunden lang lebendig auf dem Pfahl, während die Opritschniki – eine Art Geheimpolizei, die im Auftrag des Zaren spitzelten, folterten und hinrichteten und Besen (Reinigung) sowie Hundekopf (Unterwürfigkeit und Spürsinn) als Abzeichen trug – vor den Augen des Gepeinigten seine greise Mutter schändeten.
Nicht selten wurden die Hinrichtungen auf Befehl des Zaren mit imposanten Feierlichkeiten verbunden. Am 25. Juni 1570 wurden auf dem Roten Platz über dreihundert Teilnehmer des Aufstandes von Nowgorod versammelt und vor ihnen fast alle damals bekannten Folterwerkzeuge aufgestellt: Kohlenbecken, rotglühende Eisen, Pechfässer, Zangen, scharfe Seile zum Zersägen menschlicher Körper, Kessel mit siedendem Wasser usw. Zar Iwan erschien mit der ganzen Pracht seines Hofstaates zur Massenhinrichtung, allein das Volk, das zusehen und den Platz füllen sollte, fehlte. Der Zar war außer sich vor Zorn und befahl seinen Opritschniki, sofort die Bürger aus ihren Häusern zu zerren und zur Richtstätte zu treiben. Die „Belustigung“ begann mit der Hinrichtung des Diakons Wiskowatyi, den man mit dem Kopf nach unten aufhängte und in Stücke zerschnitt. Schatzmeister Funikow wurde abwechselnd mit kochendem und Eiswasser übergossen, „bis die Haut von ihm kroch wie von einem Aal“.
Es gab wohl kaum einen Herrscher, der Iwan in der Erfindung immer neuer Foltern überboten hätte. Seine siebente Gemahlin, Wassilissa Malentjewa, die ihm die Treue gebrochen hatte, befahl Iwan der Schreckliche ganz mit Schnüren zu umwickeln und ihr den Mund fest zu verstopfen. Dann wurde sie lebendig in einen Sarg gelegt und begraben.
Ein Ort des Grauens war zu jener Zeit das Dorf Tajninskoje in der Nähe von Moskau. Dort stand an einem Wassergraben die Hütte des Maljuta Skutarow, des Anführers der Opritschniki. Hier zechte der Zar des öfteren mit seinen Mönchen und quälte und ermordete unbarmherzig Menschen. So galt es als besonders gelungener Spaß, die Opfer in Säcke zu stecken und sie in den Sumpf zu werfen. Noch lange nach dem Tode Iwans waren in Tajninskoje die Spuren Maljuta Skutarows von der Erdhütte bis hin zum Moor zu sehen.
Unbarmherzig ging er auch mit den Einwohnern der alten Stadt Nowgorod um. 1570 ließ er die Stadt, die im Ruf stand, einen Aufstand zu planen, von den Opritschniki einschließen und alle Bürger von Ruf niedermetzeln. Frauen und Kinder wurden gefesselt in den Wolchow geworfen. Die, die nicht ertranken, wurden mit Äxten erschlagen oder unter die Eisdecke gedrückt. Fortan nannte man ihn „Grosny“, „den Strengen“, woraus sich „der Schreckliche“ entwickelte.
Für den Zaren war es eine Kleinigkeit, Menschen selbst für kleinste Vergehen den fürchterlichsten Qualen auszusetzen oder sie zu ermorden. Seinem Hofnarren goß er eine Schüssel heiße Brühe über den Kopf und dem französischen Gesandten, der vergessen hatte, den Hut abzunehmen, ließ er diesen auf den Kopf nageln.
Iwan wurde bei seinen Greueln tatkräftig unterstützt. Es fanden sich neben ausgewählten Opritschniki auch Gefolgsleute, die sich an den größten Schändlichkeiten beteiligten. Iwan ließ sehr oft Frauen aus den Häusern rauben und zum Palast schaffen. Dort wurden sie von ihm und seinem Freund Basmanow oder auch anderen vergewaltigt und dann erwürgt.
Iwans sadistische Unterhaltungsspiele konnten manchmal ein riesiges Ausmaß mit einer vergleichbar großen Theatralik annehmen. Als die Geliebte des Zarensohnes sich einmal darüber beschwerte, daß andere Frauen sie auslachten, ließ Iwan hunderte Frauen und Mädchen holen und sie in Anwesenheit seiner Familie und des gesamten Hofstaates entkleiden. Nackt mußten sie dann trotz der furchtbaren Kälte in hohem Schnee spazierengehen. Auch befahl der Zar, einige Frauen zu Tode zu peitschen und ihre Leichen den Bären zum Fraß vorzuwerfen.
Man könnte die Liste der Unmenschlichkeiten sehr lange fortführen. Abschließend sei nur noch erwähnt, daß Iwan der Schreckliche in seinem Wahnsinn auch vor seinem eigenen Fleisch und Blut nicht haltmachte: Am 16. November 1581 erschlug er im Streit seinen Sohn und Thronfolger, der ebenfalls Iwan hieß, mit der Stahlspitze seines Herrscherstabes. Iwan IV. hatte seine schwangere Schwiegertochter in deren eigenen Gemächern zu leicht bekleidet vorgefunden und hatte sie deshalb geschlagen. Der Zarewitsch versuchte vergeblich, seiner Frau beizustehen. In einem Wutanfall traf ihn ein Schlag unglücklich, wobei er in ein Koma fiel und starb. Iwan IV. starb am 28. März 1584.
In der Epoche Peters des Großen (1672-1725), der – neben der Ermordung seines Sohnes und Thronfolgers – zweifellos Großartiges für Rußland geleistet hat und dessen Verdienste um eine Modernisierung des Staates und eine Annäherung an europäische Verhältnisse wir nicht absprechen wollen, erreichten die Leibesstrafen eine nie vorher dagewesene Ausbreitung. Ausschlaggebend dafür dürfte die unbeschreibliche Verwilderung der Sitten im damaligen Rußland gewesen sein. Das Land war innenpolitisch, sozial und ethnisch extrem zersplittert. Räuberbanden, bestehend aus marodierenden Soldaten, unzufriedenen Bauern und anderen sozial gestrandeten Individuen, mordeten und plünderten. Außenpolitisch stand es ähnlich: Grenzvölker bedrohten das Reich; permanent mußte man sich der Tataren erwehren. Recht und Ordnung schienen völlig verlorengegangen zu sein. Hinzu kamen zahlreiche Feldzüge und Kriege, die zwar Rußlands Macht sicherten, aber gleichzeitig große Teile der Bevölkerung verarmen und verrohen ließen. Die Knute wurde bevorzugtes Instrument der Strafpflege. Zwar versuchten nachfolgende Herrscher und Herrscherinnen das Elend im Land zu mildern und Reformen umzusetzen, aber nennenswerte Erfolge blieben, zumindest für den größten Teil der Bevölkerung, aus.
Man liegt sicherlich nicht falsch, wenn man behauptet, daß dem russischen Volk zu kaum einer Zeit wirklich eine Periode des Friedens und der Konsolidierung beschieden war. Von Freiheit und Wohlstand kann selbst heute keine Rede sein. Aus diesem Grund verwundert es nicht, daß die großen sozialen und sozialistischen Revolutionen gerade in Rußland ausbrachen. An ihrem Beginn steht wie so oft staatlicher Terror und Unvermögen der regierenden adligen Kaste.
Am Petersburger Blutsonntag, dem 22. Januar 1905, ließ der autokratisch regierende Kaiser Nikolaus II. (1868-1918) auf friedlich demonstrierende Arbeiter schießen, was sein Volk ihm nie verzieh. Dringende Reformen, selbst von den eigenen zaristischen Beamten gewünscht, wurden kategorisch abgelehnt. Das Volk erhob sich und es kam zur Revolution von 1905. Nach dem militärischen Desaster des Ersten Weltkrieges, in dem mehr als eine Million russischer Soldaten teils sinnlos geopfert wurde und der russische Arbeiter und Bauer erkennen mußte, daß er nur mit einem Gewehr in der Hand sein Leben bestimmen konnte, übernahmen in der berühmten Oktoberrevolution von 1917 die Bolschewiki die Macht.
Und auch sie setzten auf Terror – revolutionären Terror. In diesen Machtkämpfen machte man selbst vor „Väterchen“ Zar und seinen Kindern keinen Halt: Kaiser Nikolaus II. wurde samt seiner Familie erschossen. Das russische, permanent mit Gewalt konfrontierte Volk setzte nun alle seine Hoffnungen auf Befreiung von staatlicher Unterdrückung, Willkür und Knute in die neuen Revolutionäre und ihre Arbeiter- und Soldatenräte (Sowjets). Doch es sollte noch weitaus schlimmer kommen.
Rußland geriet in die Hände eines der schlimmsten Psychopathen, Sadisten und Massenmörder der Weltgeschichte: Josef Wissarionowitsch Dschugaschwilli (1879-1953), genannt Stalin, „der Stählerne“. Schon früh setzte der junge Stalin, selbst in keiner friedfertigen Familie aufgewachsen, auf Gewalt. Im Juni 1907 überfiel er mit seinen Anhängern die Bank von Tiflis, wobei er 250.000 Rubel erbeutete. 40 Menschen kamen dabei um. Stalins tiefere Charakterzüge blieben den führenden Bolschewisten nicht verborgen. Lenin warnte in seinem „Testament“ vor Stalin! Doch „der Stählerne“ hatte bereits zahlreiche Bundesgenossen um sich geschart, die ihm an die Spitze des größten Reiches der Welt verhalfen.
Stalins Gewaltherrschaft beruhte auf Terror und Personenkult. In den Jahren des Großen Terrors von 1937 bis 1939 brachten seine „Säuberungen“, Deportationen und Zwangsumsiedlungen sowie sein gigantisches Straflagersystem der Gulags Millionen Menschen unermeßliches Leid und den Tod. Stalin hatte in seinem kranken, despotischen Wahn ein selbstzerstörerisches System geschaffen, in welchem Denunzianten, Emporkömmlinge, Fanatiker und Sadisten sich nach Belieben austoben konnten. Besonders eindrucksvoll schildert der Historiker Jörg Baberowski in seinem Buch Verbrannte Erde. Stalins Herrschaft der Gewalt (München 2012) den Stalinismus und die damit verbundenen Verbrechen. „Stalins Herrschaft orientierte sich am Modell der Mafia. Dieses Modell beruhte auf der permanenten Erzeugung psychischen Drucks. Aber es beruhte auch auf der mentalen Zurichtung der Gefolgsleute, die ebenso wie der Diktator mit der Gewalt aufgewachsen waren und sie für eine alltägliche Ressource politischen Handelns hielten.“ Unter Stalin kam es zu Gewaltorgien apokalyptischen Ausmaßes. Wahllos wurden Menschen verschleppt, Todesurteile vollstreckt, Schauprozesse gegen vermeintliche Feinde der Sowjetmacht geführt. Gerechtfertigt wurde der Massenterror mit der Notwendigkeit des Schutzes der Sowjetunion vor inneren und äußeren Feinden. Die Pflicht legitimierte, Schreckliches zu tun. Nicht einmal nach dem Ende des Großen Terrors kam die sowjetische Gesellschaft zur Ruhe, denn in den Jahren des Zweiten Weltkrieges ging das Regime mit unerbittlicher Härte gegen Deserteure der Roten Armee, unliebsame Parteigenossen und „feindliche Agenten“ vor. Aber auch Künstler fielen schnell bei dem Diktator in Ungnade, beugten sie sich nicht seinen Vorstellungen.
Nach dem Tod des Diktators und Massenmörders im Jahre 1953 glaubten viele überzeugte Kommunisten, jetzt endlich den wahren Sozialismus aufbauen zu können. Aber der Schein trog sie alle. Der Wahn vom Sozialismus und Kommunismus, der Kalte Krieg und die damit unweigerlich verbundenen Zwänge forderten erneut „Opfer“. Rußland kam nicht zur Ruhe. Im Jahre 1979 ging es für Zehntausende junger Männer erneut in den Krieg: nach Afghanistan. Der Feind war unerbittlich. Kriegsgreuel auch hier, auf allen Seiten. Das filmische Mahnmal Bestie Krieg zeigt in drastischen Bildern die äußerste Brutalität und Sinnlosigkeit dieses Krieges. 1994 folgte der erste von zwei Tschetschenien-Kriegen; die Gewalttaten (Massaker, Bombenanschläge, Ermordung von Zivilpersonen usw.), die in diesen beiden Kriegen verübt wurden, wirken noch heute nach.
Seit 1979 wurden russischen Angaben zufolge mehr als hundert Serienmörder verhaftet. Die Gewaltbereitschaft in der russischen Gesellschaft hat deutlich zugenommen. Für 1996 wurden allein in Rußland 29.406 Morde verzeichnet. Besonders nach den Kriegen in Afghanistan und Tschetschenien gibt es Tausende von jungen Soldaten, die sich nicht oder nur sehr schwierig in die Alltagsgesellschaft eingliedern lassen. Aggressionen können nicht abgebaut und natürliche Hemmschwellen, die im Krieg verlorengegangen sind, nicht mehr aufgebaut werden. Die russische Gesellschaft verroht. Kriegserlebnisse spielten auch eine Schlüsselrolle für Andrej Tschikatilo, den Ripper von Rostow am Don. Zahlreiche „Kriegsveteranen“ landeten auf der Straße oder wurden von Mafiapaten als Leibwächter oder Killer angeheuert. Die Brutalität der russischen Mafia liegt im militanten Background ihrer Mitglieder begründet.
Zwar versucht der russische Staat die Gewalt einzudämmen (auch mit drakonischen Strafen), aber ein Strafsystem, dessen Wurzeln aus der Zeit Stalins stammen, läßt die Greuel und unmenschlichen Lebensbedingungen in den Gefängnissen fortleben. Eine Ausnahme ist die Haftanstalt IK6 im Ural, genannt „Schwarzer Delphin”, die mit westeuropäischen Standards mithalten soll. In ihr sind momentan über 600 Schwerverbrecher untergebracht. Weitere Gefängnisse sollen nach dem Willen des russischen Staates modernisiert und verbessert werden.
Gerd Frank legt mit Totmacher 3 einen eindrucksvollen, aber zugleich erschreckenden Band zur russischen Kriminal- und damit Sozialgeschichte vor. Die grausamen Taten der Mörder, die oft aus ihren Biographien entsprungen sind, spiegeln eine Gesellschaft wider, die verloren scheint. Rußland braucht unser Verständnis, keine Sanktionen.