Gerd Frank: DIE MORDFAMILIE VON ROSTOW – Der Fall Inessa Tarwerdijewa und Roman Podkopajew (2008-2012)

Im südrussischen Rostow am Don und in der Umgebung dieser Stadt hat ein Ehepaar jahrelang Morde aus Habgier begangen. Etwa 30 Menschen sollen ihnen zum Opfer gefallen sein, höchstwahrscheinlich waren die beiden Töchter sogar Komplizinnen des Paares gewesen. (…)
Die 1967 geborene Frau, die mit ihren platinblonden Haaren und blauen Augen recht hübsch aussah, hatte in Rostow ihr zweites Lebensglück gefunden: den zehn Jahre jüngeren Zahnarzt Roman Podkopajew. Podkopajew war offenbar ein guter Vater für Inessas Tochter Wiktoria, geboren 1988, aus erster Ehe mit einem Aserbeidschaner. Anastassija, die im Jahr 2000 geborene jüngere Tochter, machte den Traum von einer harmonischen Familie perfekt.
Roman fiel in einem Schußwechsel mit der Polizei. Die Tochter Wiktoria kam mit schweren Verletzungen in ein Rostower Krankenhaus. Inessa wurde festgenommen.
Es war der 8. September 2012 gewesen, als um 4 Uhr morgens Polizisten in einem Waldstück auf Taschenlampenlicht aufmerksam geworden waren. „Seid ihr wegen uns hier?“, schrie ihnen da ein Mann entgegen und eröffnete spontan das Feuer auf sie. Es war Roman Podkopajew, der einen Polizisten erschoß, dann aber selbst tödlich getroffen wurde.
Inessa Tarwerdijewa und ihr toter Mann sollen in den vergangenen Jahren 30 Menschen ermordet und dabei sogar ihre Töchter zu Komplizinnen gemacht haben. Weil Anastassija aber noch nicht 14 Jahre alt war, blieb ihr eine Anklage erspart. (…)
Der erste Mord der Tarwerdijewa hatte sich vermutlich im Juli 2007 ereignet. Damals stiftete Podkopajew sie an, ihren Exmann, einen Polizisten, zu erschießen. (…) Dann töteten Inessa und ihr Mann zwei junge Mädchen. Erschossen und mit herausgerissenen Augäpfeln, fand man deren Leichen am Waldrand. Die Mordfamilie hatte es auf die Waffen des Onkels abgesehen, um für weitere Verbrechen besser ausgerüstet zu sein.
Wohl aus dem gleichen Grund erstach die grausame Sippe einen Jäger, der unterwegs zu seinem Revier war. Im Jahr 2012 ermordeten sie den Taxifahrer Wadim Loschkow, um an sein Tageseinkommen heranzukommen. Bereits 2009 hatte der brutale Mord an Dimitri Tschudakow, einem Polizisten des Spezialeinsatzkommandos, an dessen Gattin Irina und seinen beiden Kindern für landesweite Empörung gesorgt. An einer Raststätte außerhalb Rostows fand ein Spaziergänger die Eltern und den sechsjährigen Sascha in einem schwarzen Auto vor. Die elfjährige Weronika lag mit insgesamt 37 Messerstichen tot in einer Blutlache. Von Dimitris Laptop, dem Bargeld, das für den Sommerurlaub bestimmt gewesen war, und Irinas Kamera fehlte jede Spur, genauso wie von dem Täter. (…)
Um endlich einen Erfolg vorweisen zu können, verhaftete man im August 2009 den bereits erwähnten Alexej Serjenko, jenen Mann, der die Mordopfer entdeckt hatte. Serjenko saß beinahe zwei Jahre hinter Gittern in Einzelhaft, bis Kriminalisten aus St. Petersburg seine Unschuld beweisen konnten. (…)
Auf das Konto der Familie gingen mindestens 18 weitere Mordtaten. In zwölf weiteren Fällen untersucht die Staatsanwaltschaft weiterhin die Sachlage. Angeblich soll die Familie bereits seit 2003 die Region terrorisiert haben. Waren Geld, Waffen und Munition zur Neige gegangen, ging man erneut auf die Jagd. Als die Polizei das Wohnhaus der Familie nach Beweisen untersuchte, gelang es ihr auch, die Ausbeute der jahrelangen Raubzüge sicherzustellen. (…)
Zum Kreis der Verdächtigen gesellte sich kurz darauf ein weiteres Familienmitglied, der Schwager Sergej Sinelnik, der ebenfalls bei der Polizei gearbeitet hatte und wohl seine schützende Hand über das Ehepaar gehalten haben dürfte. Vermutlich war er den beiden beim Verschwindenlassen von Beweisen behilflich gewesen und hatte sie vor entscheidenden Ermittlungen gewarnt. Doch letztendlich war es ihm nicht gelungen, die Festnahme zu verhindern.

Stark gekürzter Text. Der Beitrag findet sich vollständig in TOTMACHER 3 (Erscheinungstermin März 2015 im Verlag Kirchschlager).