Etwa um das Jahr 1659 erfuhren Beichtväter in Rom desöfteren von Frauen der höheren Gesellschaft, daß durch ein geheimnisvolles Giftwasser Menschen getötet worden seien. Als der Frevel noch größer wurde und selbst Frauen der angesehensten römischen Familien ihre Männer wegen geringer Vergehen, aus Liebesgründen oder kleinster Zwistigkeiten mit diesem Gift „vergaben“, erteilte Papst Alexander VII. dem Monsignore Balanzoni den Befehl, die Giftmischerinnen zu entdecken. Man brachte in Erfahrung, daß von zwei Männern, die zwei Schwestern geheiratet hatten, der eine plötzlich nach häufigem Erbrechen und Fieber und der andere acht Tage später gestorben war. Die Schwestern ihrerseits standen mit einer Sizilianerin, einer Wahrsagerin namens Hieronyma Spara, in Verbindung, die in regem Kontakt zu Witwen stand. Nun schickte man ihr eine Spionin, die ihr viel Geld versprach, würde sie es zuwege bringen, ihren Mann mit Gift aus dem Weg zu räumen. Die Spara versprach der Spionin zu helfen und schickte ihr durch eine Magd kurze Zeit später das Gift. Sofort machte die Magd mit dem Giftwasser an einem Hund einen Versuch, der augenblicklich starb. Im Nebenzimmer lauerte jedoch ein Richter, der die Magd sofort festnehmen ließ. Nach einem kurzen Verhör gestand die Magd alles, verriet ihre Herrin und auch diese gestand. Die Spur führte nach Palermo zu einer Dame namens Tofania. Die Spara sowie vier Witwen wurden hingerichtet. Erstere verriet auch die Zusammensetzung des Giftes, dessen Hauptbestandteil arsenion war. Zu Beginn der 1730er Jahre entdeckte man einen neuerlichen Giftbetrieb in Neapel. Um die Zollbeamten zu täuschen, wurde auf den kleinen, platten Fläschchen das Bildnis des Heiligen Nikolaus von Bari eingeschnitten. Sie verkaufte das Gift als „Manna“, als wundersames Öl aus dem Grab des Heiligen! Die Tofana, so auch der Name dieser Giftmischerin, floh überführt in ein Kloster, wurde aber später erwürgt. Einige Schreiber behaupten, die erstere Tofana sei die Mutter der Letzteren gewesen, weshalb die Namensgleicheit zustande käme.
Im Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 102-103, heißt es dazu wie folgt:
Aqua tofana oder Toffana, auch Acquetta di Napoli di Perugia oder della Toffa heißt der Gifttrank, welcher zu Ende des 17. und zu Anfang des 18. Jahrhunderts in Italien allgemeinen Schrecken verbreitete und über dessen Zusammensetzung und Bereitung man noch gegenwärtig nichts Zuverlässiges weiß. Seinen Namen hat er von seiner Erfinderin, einer Sizilianerin, Toffa oder Toffania, erhalten; doch mögen auch Andere ihn zu bereiten verstanden haben, und noch jetzt soll eine Familie zu Perugia im Besitze des Geheimnisses sein. Diese Toffa, welche früher zu Palermo, später zu Neapel lebte, verkaufte dieses Gift als Manna von St.-Nicolas von Bari, aus dessen Grabe, wie man glaubte, ein für viele Krankheiten heilsames Wunderöl fließen sollte. Das Mittel bewirkte keine Zufälle, die den Verdacht einer Vergiftung hätten erregen können, tötete auch nicht schnell, sondern langsam und allmählich; daß aber die Verfertigerin sogar vermocht habe, nach der Gabe ihres Giftes den Tag und die Stunde des eintretenden Todes vorher zu bestimmen, ist eine Fabel. Der Vergiftete empfand keine Schmerzen, bekam weder Fieber noch Zuckungen, sondern verlor, wenn er auch nur fünf bis sechs Tropfen bekommen hatte, den Appetit, die Liebe zum Leben, klagte über beständigen Durst und große Kraftlosigkeit und verfiel endlich in Abzehrung, die seinem Dasein ein Ende machte. So waren nach und nach zu Neapel und in andern Italien. Städten mehre hundert Menschen hingemordet worden, als endlich 1709 die Giftmischerin, die sich vergebens in ein Kloster zu retten versucht hatte, eingezogen, durch die Folter zum Geständnis gebracht und nach Einigen erdrosselt wurde, während sie nach Andern noch 1730 im Kerker gelebt haben soll. Über die Bestandteile und Bereitungsart ihres Giftes, das als ein farb-, geschmack- und geruchloses Wasser beschrieben wird, gibt es sehr abweichende und zum Theil abenteuerliche Meinungen. So glaubte man, daß der Geifer zu Tode gequälter, besonders gekitzelter Menschen einen wesentlichen Bestandteil desselben ausgemacht habe; nach Andern sollte es aus dem Safte zerquetschter giftiger Insekten bereitet worden sein u.s.w. Am Wahrscheinlichsten ist das Mittel eine Zubereitung aus bloßem Arsenik gewesen, dafür sprechen wenigstens die glaubhaftesten Nachrichten. Der berühmte Arzt Friedr. Hoffmann erwähnt eines Briefes Ganelli’s, des ersten Leibarztes Kaiser Karl VI., worin dieser berichtet, daß die Aqua der Toffania nichts Anderes sei als eine wässerige Auflösung des kristallisierten Arseniks mit einem Zusatze und daß er dies aus dem Munde des Kaisers selbst habe, dem die Akten des Prozesses der Verbrecherin vorgelegt worden seien. Nach Einigen wird noch jetzt zu Bologna, Rom und Neapel die Aqua Tofana, und zwar in dreifacher Art, heimlich bereitet. Die erste Art soll eine gelbliche, geruchlose Tinktur sein, die in Gläschen aufbewahrt und sorgfältig gegen die Einwirkung der Luft und des Lichts geschützt werden muß, und durch Destillation von spanischen Fliegen mit Alkohol und Wasser gewonnen werden, die zweite eine helle und durchsichtige Flüssigkeit, aus arsenikhaltigem Kali, Wasser und etwas Alkohol bestehen und in 50 Tropfen 4 Gran Arsenik enthalten, und die dritte, welche gleichfalls hell, durchsichtig, geruchlos und von süßlichem Geschmacke ist, eine starke Auflösung von Bleizucker in destilliertem Wasser sein und einen langsamen Tod durch Abzehrung verursachen.
Pierer’s Universal-Lexikon, Band 1. Altenburg 1857, S. 633 weiß folgendes zu berichten:
Aqua Toffana (Acquetta della Toffa, A. di Napoli, A. di Prinziá), berüchtigter, wasserklarer, geschmackloser u. schon in der geringen Gabe von 5 bis 6 Tropfen tödtlicher Gifttrank, durch welchen im 17. Jahrhundert, bes. unter Papst Alexander VII., viele Personen in Rom, Neapel, Palermo, Paris u. a. Orten, aus dem Wege geräumt worden sein sollen. Nach dem Genuß erfolgte allmählich Ermattung, Abmagerung, heftiger Durst, Ekel gegen Speisen, Lebensüberdruß; nach der Gabe soll man die Zeit, wenn der Tod erfolgen werde, haben bestimmen können. Als Erfinderin wird Tofana aus Palermo genannt, die ihre Verbrechen von 1679 an trieb, endlich in Neapel, trotzdem daß sie in ein Kloster geflüchtet war, 1709 verhaftet u. gehängt worden sein soll. Sie soll 600 Vergiftungen eingestanden, Anfangs ihr Handwerk aus Gewinnsucht, später aus Leidenschaft getrieben haben. Ihre verkauften kleinen, flachen Giftphiolen hatten das Bildnis des St. Nicolaus von Bari u. die Umschrift: Manna des St. Nicolaus. Sie soll mehrere Gehülfinnen, so Hieronyma Spara, eine Sicilianerin, welche später das Vergiftungshandwerk noch sehr stark betrieb, gehabt haben. Noch jetzt soll eine Familie in Perugia das Geheimniß der A. T. besitzen. Einige halten die A. T. für eine Mischung von spanischen Fliegen u. Opium; Andere nehmen Bleizucker für Hauptingredienz an; Haller glaubt, es sei Schweiß u. Geifer, welcher am Munde der zu Tode gemarterten od. an den Beinen hängend gekitzelter Menschen gesammelt werde. Garelli behauptet, nach einer Mitteilung des Kaisers Karl VI., der die Akten sah, es sei eine mit Antirrhinum cymbularia versetzte Auflösung von kristallisiertem Arsenik in Wasser, u. künstlich versteckte Arseniksäure scheint das Hauptingredienz der A. T. zu sein.