Christman Gniperdoliga – Der tausendfache Raubmörder (Deutschland, Kerpen, 1581)

Christman Gniperdoliga (Gniperdolinga oder Groperunge) aus Kerpen zählt zu den furchtbarsten Serienmördern des Alten Europa, wenn nicht gar der Welt! Seine im Lützelburger Land und Stift Trier verübten Räubereien und Morde zu Wasser und Land, an Arm und Reich währten dreizehn Jahre. Gniperdoligas Geschichte wird durch eine zeitgenössische Flugschrift überliefert:

Nachdem er schon in vielen Ländern gemordet hatte, erkundete er den sogenannten Fraßberg, einen Berg bei Bernkastel an der Mosel. Hier versteckte er sich achteinhalb Jahre. Genau wie Peter Nirsch, glaubte Gniperdoliga sich mit der Hilfe des Teufels und der Schwarzen Kunst unsichtbar machen zu können.
Auf dem Berg schlug er sein Quartier auf und bewaffnete sich. Von dort und von einer weiteren Höhe aus konnte er auf alle Straßen nach Trier, Diedenhofen (franz. Thionville), Metz, Saarbrücken, Simmern im Hunsrück, Bad Kreuznach und Bacharach am Rhein sehen. Wer nicht zu dritt, viert oder zu fünft zog, war vor ihm nicht sicher. Von hier aus ermordete er Frauen und Männer und legte ein Register an, in welchem er ausführlich notierte, wie viel Menschen er umgebracht hat.
Einmal überfiel er eine Jungfrau, die aus Boppart stammte und nach Trier reisen wollte. Dieser gedachte er ebenfalls das Leben zu nehmen, doch sie sollte zu seinem Schicksal werden.
Sie mußte sich ihm willig hingeben und ihm einen Eid schwören, ihn nicht an Menschen zu verraten. Die junge Frau blieb über sieben Jahre bei dem Raubmörder in der Höhle und führte ein Leben in ständiger Not und Gefahr. Sechs Kinder zeugte sie mit dem Bösewicht, und jedes Mal, wenn sie eins auf die Welt brachte, tötete er das Neugeborene und fraß sein Herz.

Schließlich verriet sie ihn doch! Ihr folgten 30 schwerbewaffnete Männer, Christman Gniperdoliga zu überrumpeln und gefangenzunehmen. Nachdem den Solgaten der Überraschungseffet zu Hilfe kam, brachte man den Raubmörder am 21. Mai 1581 nach Bernkastel. Das Gut und Geld, das man bei ihm in der Höhle fand, wurde auf 70.000 Gulden geschätzt. Daneben fand man auch sein Mordregister, in dem 964 Personen verzeichnet waren, die er alle ermordet hatte. Christman Gniperdoliga  wurde am 17. Juni 1581 mit dem Rad gestoßen, wo er auf demselben nach ausgestandener Strafe bis auf den 9. Tag lebte.

Rädern

Das Stoßen mit dem Rad (links) – die Räderung – sowie das Kneifen mit glühenden Zangen gehörten seit dem Mittelalter und besonders mit der Karolina (der Peinlichen Halsgerichtsordung Kaiser Karls V.)  zum steten Gebrauch der Rechtsprechung in der Frühen Neuzeit. Holzschnitte, Mitte 15 . Jahrhundert, Samlung Kirchschlager, Arnstadt

Nach der mittelalterlichen Rechtsprechung stand auf Mord die Hinrichtung mit dem Rad. Man unterschied die Räderung von oben, die dem Verbrecher bald den Gnadenstoß gab, und die von unten, die ihn noch lange qualvoll leiden ließ. Sie konnte durch mehrfaches Reißen oder Zwicken mit glühenden Zangen, Hautabziehen, dem Abzwicken einzelner Glieder, der Abschlagung der Hände usw. verschärft, andererseits aber „aus Gnaden“ an einem bereits Enthaupteten vollzogen werden.
Schweizer Landgerichtsordnungen schreiben vor, daß der Totschläger oder Mörder dem Scharfrichter überantwortet wird. Er soll ihn auf die Richtstatt führen, ihn dort niederlegen, die Arme ausspannen, festbinden und ihm mit einem Wagenrad seine Glieder, die Arme vor und hinter den Ellenbogen, desgleichen an beiden Schenkeln über und unter den Knien zerstoßen und zerbrechen. Wenn der arme Mensch davon nicht tot wäre und den Gnadenstoß begehrte, sollte ihm der Scharfrichter diesen gestatten. Danach flocht und band der Nachrichter den Delinquenten mit Stricken, egal ob dieser tot oder lebendig war, auf das Rad. Dieses wurde an einem Pfahl angenagelt und waagerecht aufgerichtet. Der Geräderte blieb also radgebrecht und gebunden auf dem Rad liegen und mußte so sterben und verderben. In manchen Gegenden, wie im Hannoverschen, in Einbeck 1775 oder in Frankreich, zerschmetterte man dem Verurteilten die Glieder mit eisernen Keulen.
Ein Geräderter konnte tagelang in seinen Qualen schmachten, bis ihn der Tod erlöste. Rudolf von der Wart, den man der Teilnahme an der Ermordung König Albrechts I. (1255-1308) beschuldigte, lebte noch drei Tage und drei Nächte auf dem Rad, während seine Gemahlin, ohne Nahrung zu sich zu nehmen, betend unter dem Rad blieb. Selten sind die Beispiele, wo Geräderte die Prozedur überlebten, aber es gibt sie, so geschehen in der Provinz Champagne vor der Revolution, wo sich ein Wundarzt nebst seinem Bruder eines Geräderten annahm, ihn wieder beinahe gänzlich herstellte, dann aber von diesem verraten wurde. Der Missetäter wurde allerdings ein zweites Mal gerädert, diesmal ohne Gnade und Hilfe.
Der Glaube an die Zauberkraft des Herzens und der Finger ungeborener Kinder führte nachgewiesen im 16. und 17. Jahrhundert vielfach zu schrecklichen Ermordungen schwangerer Frauen.

Der Text ist urheberrechtlich geschütz und vollständig abgedruckt in „Historische Serienmörder I“.