Gerd Frank: José Antonio Rodríguez Vega – Der Altweibermörder (Spanien, 1987-1988)

José Antonio Rodríguez Vega begann seine fragwürdige ‚Karriere‘ zunächst als Serienvergewaltiger, entdeckte aber dann den Tötungstrieb: In einer Zeitspanne von nur knapp einem Jahr ermordete er zwischen 1987 und 1988 mindestens 16 alte Frauen, möglicherweise sogar noch mehr.
Rodríguez Vega war ein echter Psychopath, das Gefühl für Schuld oder Reue wegen seinen Verbrechen stellte sich bei ihm niemals ein. Er war insofern der ‚typische‘ Serienmörder, als er ein Doppelleben geführt und seine schrecklichen Triebe hinter einem ansprechenden Äußeren und guten Manieren verborgen hatte. Der junge Mann (er war im Dezember 1957 geboren worden) war ausgesprochen gut aussehend, gut erzogen und ein geborener Don Juan; alle Welt betrachtete ihn als anständigen und korrekten Menschen. Er lebte in Santander, wo er als Maurer arbeitete und führte ein unauffälliges Leben.
Zu seiner Mutter und zu seiner Schwiegermutter hatte er ein mehr als gestörtes Verhältnis. Angefangen hatte alles damit, daß ihn im Alter von zwölf Jahren die Oberschenkel seiner Mutter außergewöhnlich erregt hatten. Als Halbwüchsiger verprügelte er seinen Vater, weshalb er frühzeitig aus dem Haus geworfen wurde. Er versuchte sich als Zimmermannslehrling und wurde später Maurer.
In dieser Zeit heiratete er Socorro Marcial, scheiterte aber auch als Ehemann, denn wenn er nach Hause kam, war er in der Regel todmüde und konnte seine Frau in keiner Weise geschlechtlich zufriedenstellen. Aus der Verbindung ging ein Kind hervor.
Da begann er damit, Frauen sexuell zu belästigen, zuerst eine 20jährige, dann eine 45jährige und schließlich eine 50jährige. Nach den Attacken floh er auf einem Motorrad, was ihm den Beinamen ‚Der Vergewaltiger mit dem Motorrad‘ einbrachte.
1979 wurde er geschnappt und in ein Gefängnis gesteckt. Zunächst zu 27 Jahren verurteilt, wurde er bereits nach acht Jahren wegen guter Führung wieder freigelassen. Seine Frau hatte nicht auf ihn gewartet. Die Scheidung erfolgte umgehend.
In den Zellennächten hatte er von den stattlichen Oberschenkeln seiner Mutter geträumt, jetzt suchte er sich eine neue Partnerin, die geringfügig geistig behindert war und unter gelegentlichen epileptischen Anfällen litt und heiratete erneut.
Als er merkte, daß er mit Charme und Überzeugungskraft problemlos Opfer fand, ging er dazu über, Frauen zu vergewaltigen. Seltsamerweise verziehen ihm alle – bis auf eine einzige – , was er ihnen angetan hatte.
Den ersten Mord beging er im April 1987 – in seinem 30. Lebensjahr. Rodríguez Vega hatte eine 60jährige Prostituierte kennengelernt und längere Zeit eine sexuelle Beziehung mit ihr unterhalten. Dann war es zum Streit gekommen und er war ausgerastet. Dabei schien er eine Hemmschwelle überschritten zu haben, denn fortan verspürte er den Drang, nach sexuellen Ausschreitungen zu töten, nicht zuletzt deshalb, damit er später nicht mehr beschuldigt werden konnte.
Die 80jährige Carmen González Fernández war sein zweites Opfer. Und nun ging es Schlag auf Schlag.
Die alten Frauen, die er in der Folgezeit umbrachte, hatten alle etwas gemeinsam: Sie hätten dem höflichen, zuvorkommenden, netten, jungen Mann niemals etwas Böses zugetraut, schon gar nicht, daß sein wahres Ich aus kalter, berechnender Grausamkeit bestehen könnte…
Sein ‚modus operandi‘, seine Vorgehensweise war übrigens immer gleich: Er studierte die Lebensgewohnheiten, indem er die in Frage kommenden Personen tagelang beobachtete, schrieb alles sorgfältig auf und läutete schließlich an den Türen. Wurde ihm geöffnet, so gab er sich als Fernsehmechaniker oder Installateur aus. Anstandslos wurde er eingelassen, begann ein unverbindliches Gespräch, um Vertrauen zu gewinnen und setzte seine Verführungskünste ein. Bei den Vernehmungen gab er an, daß die Frauen einvernehmlichen Sex mit ihm gehabt hätten, danach seien sie ‚an Herzstillstand‘ gestorben.
Die Gerichtsmediziner stellten jedoch fest, daß sie qualvoll erstickt worden waren. Häufig wirkten die Tatorte „normal“. Erst in den Fällen der ermordeten Margarita Gonzalez (82) und der Natividad Robledo (66) entdeckte man erstmals deutliche Anzeichen von Gewalt.
Und schließlich fand man eine Karte, auf der zahlreiche Kontaktdaten des José Antonio Rodríguez Vega eingetragen waren. In all diesen Wohnungen wurden zudem Spuren von provisorischen Maurerarbeiten gesichert.
Endlich konnte man in Santander wieder aufatmen, das rätselhafte Sterben der alten Damen über 60 hörte plötzlich auf, die entsetzliche Mordserie schien zu Ende zu sein.
Der Täter war ein Psychopath ohne Reue, ein Mensch ohne Gefühl, der lediglich seinen Instinkten gefolgt war und ohne Skrupel seinen Blutdurst an Frauen, die ihn an seine Mutter und Schwiegermutter erinnert hatten, gestillt hatte, an jenen Frauen, bei denen er persönlich nie aufzubegehren gewagt hatte und an die er niemals selbst Hand angelegt hätte…
Am 19. Mai 1988 wurde José Antonio Rodriguez Vega festgenommen und legte sogleich ein Geständnis ab. Doch trotzdem gab es noch jede Menge Unklarheiten, vor allem hinsichtlich seiner Person. Als die Polizei seine Wohnung durchsuchte, entdeckte sie einen ganz in Rot tapezierten Raum (auch die Vorhänge waren rot), der ein schauriges Geheimnis enthüllte: eine Art Schreckenskabinett…
Er wurde zu insgesamt 432 (!!!) Jahren Gefängnis verurteilt und starb am 24. Oktober 2002, totgeschlagen von drei Mithäftlingen. Der vollständige Beitrag von Gerd Frank wird in einem weiteren Band der Reihe „Totmacher“ veröffentlicht.