Gerd Frank: TAVO, DER BANDENCHEF – Der Fall Gustavo Adolfo Parada Morales (El Salvador, 1996-1999, 2007)

Gustavo Adolfo Parada Morales, bekannt geworden als ‚El Directo‘ (Der Direkte) und von Freunden immer nur „Tavo“ (Kurzform von Gustavo) gerufen, wurde 1982 in San Miguel, etwa 130 Kilometer östlich von San Salvador (El Salvador) geboren und wurde zum bislang einzigen Serienmörder seines Landes.

Parada war in einem Armenviertel aufgewachsen; der Vater war so gut wie nie bei der Familie, die Mutter arbeitete auf einem Markt als Verkäuferin. Als der Sohn zehn Jahre alt war, nahm ihn die Mutter von der Schule, „weil ihn seine Mitschüler nahezu täglich verprügelten“. Er fand dennoch einen Job in einer Bäckerei, wo er morgens arbeitete; die Nachmittage verbrachte er Fußball spielend auf der Straße. Mit 13 schloß er sich der Bande „Salvatrucha“ an und fiel dort schnell wegen seiner Grausamkeit auf. Später gründete er selbst eine Gang, die sich „La mirada loca“ (Der verrückte Blick) nannte, die neben Diebstählen und Entführungen auch Vergewaltigungen und Morde beging.

Schließlich wurde Parada 1999 im Alter von 17 Jahren verhaftet. Zur Last wurden ihm 17 Morde gelegt. Bis zuletzt leugnete er, diese Verbrechen begangen zu haben und behauptete, wegen seiner Tattoos und der Kleidung mit einem anderen Täter verwechselt worden zu sein. „Kein Mensch glaubt mir!“, beschwerte er sich, doch die Beweise reichten immerhin für sieben der ihm vorgeworfenen Morde aus. So wurde der junge Mann zu sieben Jahren Haft, der Höchststrafe für einen Minderjährigen in El Salvador, verurteilt.

Über die begangenen Morde teilte die Staatsanwaltschaft nur ganz wenige Details mit. (…)

Obwohl die Mordrate in El Salvador etwa zwölfmal höher als in New York ist, reagierte die Bevölkerung geschockt und etwa 20 Familien zogen sogar unmittelbar nach dem Bekanntwerden des Falles aus der Nachbarschaft der Paradas weg.

Tavo Parada schaffte es jedoch – gemeinsam mit sieben anderen Häftlingen – aus dem Gefängnis auszubrechen; die Verbrecher wurden allerdings ein paar Stunden darauf wieder eingefangen, worauf der jugendliche Bandenchef in den Hochsicherheitstrakt des Gefängnisses von San Miguel verlegt wurde.

Trotz dieser Mordserie wurde Parada im Jahr 2003 „auf Bewährung“ entlassen. (…)

Doch mit diesen Vorsätzen scheint es nicht weit her gewesen zu sein. Schon innerhalb von zwei Jahren mußte er erneut festgenommen werden – diesmal wegen illegalen Waffenbesitzes, Diebstahls und Raubes. Parada wurde zu acht Jahren Haft verurteilt, die er im Gefängnis von San Francisco Gotera in Morazán verbüßen sollte. Doch weil er im Jahre 2007 Rafael Enrique Martínez, einen anderen Häftling, in dessen Zelle ermordet hatte, wurde er nun zu einer neuerlichen, insgesamt 35jährigen, Gefängnisstrafe verurteilt.

Etwa sechs Jahre später spielte sich der letzte Akt des Dramas um „Tavo“ Parada ab. Am Morgen des 2. September 2013 wurde der Bandenführer im Gefängnis von San Miguel ermordet aufgefunden. (…)