Gerd Frank: DER EXPERIMENTATOR VOM KINDERCLUB – Der Fall Anatoli Jemeljanowitsch Sliwko (1964-1985)

Anatoli Sliwko, 1938 geboren, war verheiratet, hatte zwei Kinder und galt als hervorragender Freizeitfilmer. Zudem leitete er einen örtlichen Kinderclub. Sliwko war knapp 23 Jahre alt, als er Zeuge eines schweren Verkehrsunfalles wurde. Dabei kam ein Pionier in weißem Hemd und mit rotem Komsomolzen-Halstuch ums Leben, der unter einen Bus geriet und bei lebendigem Leibe verbrannte. Der entsetzliche Anblick muß bei Sliwko eine sonderbare Erregung hervorgerufen haben. Das Bild von dem verblutenden Knaben im weißen Hemd setzte sich für immer in ihm fest. Die Erinnerung an den Vorfall reichte jahrelang aus, um ihm Befriedigung zu verschaffen. Er versuchte in der Folgezeit, immer wieder Situationen herbeizuführen, in denen sich diese Gefühle wiederholen sollten.
Anfangs probierte er es ganz einfach dadurch, daß er bevorzugt Orte aufsuchte, an denen er den Geruch von Benzin und Feuer einatmen konnte – entweder an Großtankstellen oder bei Bränden. Doch rasch stellte er fest, daß ihm das nicht einmal ansatzweise genügte, und so fing er an, seine Stellung als Leiter des Kinderclubs für seine Zwecke auszunutzen, indem er sich extrem bemühte, das Vertrauen einzelner Kinder zu gewinnen. Wenn ihm das gelungen war, erzählte er den arglosen Jungen, daß er daran arbeite, durch gezielte Experimente eine Dehnung der Wirbelsäule erreichen zu können. Hierfür sei allerdings eine „kontrollierte Strangulation“ erforderlich, die bis zur Bewußtlosigkeit führe. Dabei schwor er Stein und Bein, daß er die Versuchspersonen anschließend sofort wiederbeleben würde, weshalb das Ganze für sie absolut ungefährlich sei.
Und so unwahrscheinlich es klingt: Sein teuflisches Vorhaben gelang. In einem Zeitraum von etwa 21 Jahren überredete er insgesamt 43 Jungen zwischen 13 und 17 Jahren immer wieder, ihm und seinen Versuchen zu vertrauen. Waren die Jungen dann erst einmal bewußtlos, streichelte und mißbrauchte er sie. Die „Experimente“ nahm er auf Video auf, während der Tat betätigte er den Selbstauslöser seines Fotoapparates. Bizarr ist, daß er die Schuhe seiner Opfer an sich nahm und sie zur Erinnerung behielt. In 36 Fällen hielt er immerhin sein Wort und belebte die Jungen wieder. (…) Sieben „Experimente“ endeten jedoch tödlich, wobei nie geklärt werden konnte, ob das zufällig geschehen war oder nicht. Und alle sieben Jungen trugen weiße Hemden. Das erste Mal geschah es 1964. (…) Bei späteren Mordopfern goß er Benzin über deren Körper und setzte sie dann in Brand. Nach dem ersten Mord vergingen zunächst neun Jahre, bis im November 1973 Alexander Nesmejanow, ein ebenfalls 15jähriger Junge, sein nächstes Opfer werden sollte. Weitere Morde folgten. (…) Erst im Dezember 1985 verhaftete man Sliwko und stellte ihn unter Anklage. Man warf ihm siebenfachen Mord, sexuellen Mißbrauch sowie Nekrophilie vor. 1986 zum Tode verurteilt. (…) Stark gekürzter Text. Der Beitrag findet sich vollständig in TOTMACHER 3 (Erscheinungstermin März 2015 im Verlag Kirchschlager).