Gerd Frank: DER KINDESMÖRDER VON ATLANTA – Der Fall Wayne Bertram Williams (1979-1981)

Wayne Bertram Williams wurde am 27. Mai 1958 in Atlanta – im US-Bundesstaat Georgia – geboren. Die Eltern waren Lehrer und Wayne wuchs daher in einer gutbürgerlicher Umgebung auf. (…) Alles hatte am 28. Juli 1979 begonnen. Da war eine Frau, die leere Dosen und Flaschen gesammelt hatte, buchstäblich über ein paar Leichen gestolpert, die im Unterholz am Straßenrand abgelegt worden waren. Es handelte sich um den 14jährigen Edward Smith, der mit einem Revolver, Kaliber 22, erschossen und den 13jährigen Alfred Evans, der vermutlich erwürgt worden war. Eine Leseprobe aus Totmacher 5
Am 4. September 1979 verschwand der 14jährige Milton Harvey, der mit seinem Fahrrad unterwegs gewesen war. Der 9jährige Yussef Bell wurde am 9. Oktober 1979 zuletzt gesehen, als ihn seine Mutter zu einem Laden geschickt hatte. Auch er wurde erwürgt aufgefunden. Der 12jährige Angel Lenair wurde am 4. März 1980 vermißt gemeldet; sechs Tage später fand man ihn an einen Baum gefesselt und erwürgt.
Am 11. März verschwanden Jeffrey Mathis (10) und am 18. Mai Eric Middlebrooks (14). Jeffrey war zum Einkaufen geschickt, Eric durch einen Telefonanruf aus dem Haus gelockt worden. Am schlimmsten eskalierte die Mordserie dann im Sommer. Da verschwanden am 9. Juni Christopher Richardson (12), am 22. Juni Latonya Wilson (7), am 23. Juni Aaron Wyche (10), am 6. Juli Anthony Carter (9), am 30. Juli Earl Terell (11), am 20. August Clifford Jones (13) und am 14. September Darren Glass (10).
Und noch immer hörte die schreckliche Serie nicht auf und weitere Kinder (…) verschwanden. (…)
Im Mai 1981 wurde Williams beobachtet, wie er sich in seinem Auto von einer Stelle am Chattahoochee River entfernte, in den er offensichtlich gerade etwas hineingeworfen hatte. Streifenbeamte hielten ihn an und nahmen seine Personalien auf. Williams gab an, daß er auf dem Weg zu einem Musiker sei und hinterließ auch dessen Adresse und Telefonnummer. Die Angaben stellten sich jedoch als falsch heraus.
Drei Tage danach wurde aus dem Fluß die nackte Leiche Nathaniel Caters, eines 27jährigen Mannes, geborgen, der als vermißt gemeldet worden war. Weil der Gerichtsmediziner ‚“mögliches Ersticken“ (vielleicht auch Erwürgen) als Todesursache festgestellt hatte, fiel der Verdacht sogleich auf Williams. Er wurde vorgeladen und einem Lügendetektortest unterzogen, den er nicht bestand. Zudem fand man an der Leiche Fasern, welche ganz eindeutig aus dem Haus, dem Auto und von dem Hund des Verdächtigen stammten.
Nun wurde Williams mehrere Wochen lang systematisch überwacht. Der ließ sich aber keineswegs aus der Ruhe bringen, sondern machte sich im Gegenteil über die Beamten lustig, ja, er verspottete und beleidigte sie sogar.
Inzwischen war noch ein Mord begangen worden, diesmal an dem 29jährigen John Porter. Die Polizei begann zu ermitteln und erfuhr von Williams‘ Mitarbeitern im Sender, daß er mit Kratzern im Gesicht und an den Armen zur Arbeit gekommen war, die er sich möglicherweise bei einer Auseinandersetzung zugezogen haben konnte. Williams leugnete jeglichen Zusammenhang mit den Verbrechen und beteuerte immer wieder: „Ich habe mit all diesen Morden nichts zu tun…“ Dennoch wurde er am 21. Juni 1981 verhaftet; am 6. Januar 1982 wurde das Strafverfahren unter dem Vorsitz von Richter Clarence Cooper, einem Schwarzafrikaner, eröffnet.
Im Verlauf des Prozesses warf man Williams vor, auch 29 afroamerikanische Kinder und Jugendliche umgebracht zu haben. (…)
Dennoch hatte die Anklagevertretung einen sehr schweren Stand. Am 27. Februar 1982 wurde der Angeklagte trotz allem – und zwar nach zehnstündiger Beratung – zumindest wegen der erwiesenen Morde an den beiden 27- und 29jährigen Männern für schuldig befunden. Das Urteil der Jury, die aus neun Frauen und drei Männern bestand, lautete auf eine zweimal lebenslängliche Haftstrafe. (…)